Vergütung in der Industrie

Dipl.-Biol. Tom Wiegand, MBA
Dipl.-Biol. Tom Wiegand, MBA
Lesedauer: 7 Min.
Aktualisiert am: 08.03.2024

„Bitte senden Sie Ihre Bewerbung unter Angabe Ihrer Gehaltsvorstellungen an…“ Dieser letzte Satz in Stellenanzeigen löst bei vielen Bewerbern* große Unsicherheit aus. Man möchte sich schließlich weder unter Wert verkaufen, noch sich mit übermäßig hohen Gehaltsvorstellungen sofort aus dem Rennen katapultieren. Noch schwieriger wird es in den konkreten Gehaltsverhandlungen: Da sollte man seinen Gehaltswunsch verteidigen und mit Argumenten untermauern können. Den eigenen „Marktwert“ zu kennen, ist dazu unverzichtbar. Nur wie ermittelt man diesen? Wie sieht die übliche Vergütung aus? Vergleichszahlen können hierbei hilfreich sein: Was verdienen andere in meiner Position?

Erste Orientierung bei der Gehaltsermittlung

Solltest du schon eine konkrete Stelle im Auge haben, informiere dich zunächst, ob der Arbeitgeber einem Branchenverband angehört. Versuche bei Gewerkschaften oder anderen Arbeitnehmerverbänden Vergleichszahlen zu recherchieren.

Besonders einfach geht das, wenn der Arbeitgeber an einen Tarifvertrag gebunden ist. Einen sehr hoch dotierten Tarifvertrag bietet beispielsweise die Chemiebranche. Sind über Arbeitnehmerverbände keine Vergleichszahlen erhältlich, nutze für deine Recherchen Gehaltsvergleichsportale im Internet. In weiteren Karriereratgeber-Artikeln haben wir Informationen zu Tarifverträgen im Öffentlichen Dienst und Gehalt in der IT  für dich zusammengefasst.

Dort gemachte Angaben sind allerdings mit Vorsicht zu genießen, da sie nicht immer repräsentativ sind. Denn besonders hohe oder niedrige Gehaltsangaben verzerren die Ergebnisse. In der Gehaltsverhandlung solltest du auf jeden Fall mit einem Wert beginnen, der über deinen Minimalvorstellungen liegt, um noch verhandeln zu können.

Einflussfaktoren – Vergütung

Grundsätzlich hängt das Gehalt von verschiedenen Faktoren ab, die du bei deinen Überlegungen berücksichtigen solltest. Dazu gehören Unternehmensgröße, angestrebte Position innerhalb des Unternehmens, die Lebenshaltungskosten vor Ort, dein höchster Abschluss und deine Berufserfahrung.

Quelle: Staufenbiel.de, Gehalt: Ingenieure nach Unternehmensgröße & Naturwissenschaftler-Gehalt nach Fachrichtung und Unternehmensgröße

Unternehmensgröße

Die Einstiegsgehälter von Naturwissenschaftlern* und Ingenieuren* können je nach Unternehmensgröße sehr unterschiedlich ausfallen. Berufseinsteiger* haben eine deutlich bessere Verdienstmöglichkeit, wenn sie bei großen Unternehmen anfangen. Außerdem können in der Regel Ingenieure* mit einem höherem Einstiegsgehalt als Naturwissenschaftler* rechnen. Bei mittelgroßen Unternehmen (101-1000 Mitarbeiter) liegt das durchschnittliche Einstiegsgehalt für Naturwissenschaftler* bei 45.744 Euro und für Ingenieure* bei 45.838 Euro.

Quelle: WSI Lohnspiegel Datenbank, Stand 09/2011

Dies ist auch bei Chemielaboranten* der Fall. Hier zeigt sich, dass größere Unternehmen höhere Monatsgehälter zahlen.

Quelle: Staufenbiel.de, Stand 03/2017

Branche

Studenten* sollten sich schon vor ihrem Studienabschluss entscheiden in welcher Branche sie nach dem Studium arbeiten möchten. Denn bei den Einstiegsgehältern zeigen sich branchenspezifische Unterschiede. So können Berufseinsteiger* beispielsweise in der Chemiebranche ein weitaus höhere Vergütung erwarten, als in einem Forschungsinstitut.

Quelle: Staufenbiel.de, Gehalt im Ingenieurwesen: Berufseinsteiger nach Branche 2017

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Quelle: WSI Lohnspiegel Datenbank, Stand 09/2011

Ebenso kann das Monatseinkommen bei Chemielaboranten* je nach Branche stark variieren. Daher sollten angehende Chemielaboranten* sich bei der Frage nach der Wunschbranche ebenso damit auseinandersetzen, wie die Gehälter dort aussehen. Während ein Chemielaborant* in der Branche der chemischen Erzeugnisse bis zu 3.125 Euro im Monat verdient, kann in der Nahrungs- und Genussmittelherstellung hingegen mit maximal 2.239 Euro gerechnet werden.

Quelle: Staufenbiel.de, Einstiegsgehälter für Naturwissenschaftler nach Position und Region 2017

Arbeitsgebiete, die näher am „Geldverdienen“ des Unternehmens sind wie z.B. die Unternehmensberatung, werden besser vergütet als solche Unternehmensbereiche, die eher „umsatzfern“ arbeiten wie z.B. das Qualitätswesen oder die Klinische Forschung. Dabei können sich Differenzen von bis zu 15.000 Euro im Jahresgehalt bemerkbar machen.

Quelle: Stepstone Gehaltsreport 2019

Während die gehaltliche Spanne zwischen den Berufspositionen bei Naturwissenschaftlern* groß ist, zeigen sich bei ingenieurwissenschaftlichen Berufen gehaltlich nur geringe Unterschiede.

Quelle: Staufenbiel.de, Einstiegsgehälter für Naturwissenschaftler nach Position und Region 2017

Regionale Unterschiede bei der Vergütung

Je nach Region variieren die Einstiegsgehälter für Naturwissenschaftler*. Denn je nachdem, ob im Westen oder Osten Deutschlands eine Tätigkeit aufgenommen wird, können Abweichungen zwischen 5.000 bis 9.000 Euro pro Jahr (Brutto) auftreten.

Quelle: Staufenbiel.de, Gehälter für Naturwissenschaftler: Promotion zahlt sich aus & Gehalt: Ingenieure nach Abschluss 2017

Zum Gehaltscheck

Akademischer Abschluss

Auch der Hochschulabschluss spielt eine bedeutende Rolle bei der Gehaltsfrage. So korreliert das Einstiegsgehalt mit der Höhe des Akademischen Abschlusses.

Quelle: WSI Lohnspiegel Datenbank, Stand 09/2011

Berufserfahrung

Berufserfahrene Bewerber* können ein weiteres Kriterium heranziehen: Wie viel hast du bisher verdient? Bei einem Jobwechsel kannst du auf Grundlage deines bisherigen Verdienstes eine Gehaltssteigerung anvisieren. Übernimmst du zudem in deinem künftigen Job Personalverantwortung, kannst du mit einer entsprechend höheren Vergütung rechnen. Es gilt jedoch zu beachten, dass auch das Gehalt von Führungskräften regionalen Unterschieden unterliegt.

Wenn du Zahlen für vergleichbare Positionen recherchiert hast, überlege, ob du für die ausgeschriebene Stelle Zusatzqualifikationen mitbringst, die sich gehaltssteigernd auswirken könnten. Orientiere dich dabei an der Leitfrage: „Welchen Mehrwert biete ich dem Arbeitgeber?“. Dieser Mehrwert kann zum Beispiel in deiner Berufserfahrung, in speziellen Kenntnissen oder Auslanderfahrung bestehen. Auf Basis der oben genannten Kriterien modifizierest du deine Gehaltsvorstellungen. Dabei solltest du das Jahresgehalt inkl. aller Zusatzleistungen berücksichtigen. Diese können bis zu 15% der Gesamtvergütung ausmachen.

Zusatzleistungen neben der regulären Vergütung

Worin können solche Zusatzleistungen bestehen? Zum einen kann es sich dabei um zusätzliche Geldauszahlungen handeln – etwa in Form von Prämien, Urlaubs-, Weihnachtsgeld oder zusätzlichen Monatsgehältern. Viele Unternehmen bieten auch eine betriebliche Altersvorsorge an. In diesem Fall sollten Sie abklären, in welcher Form diese angeboten wird, nach wie vielen Jahren Betriebszugehörigkeit Ansprüche erreicht werden können und ob die Ansprüche bei einem Jobwechsel bestehen bleiben. Zum anderen können Zusatzleistungen in der Bereitstellung von Dienstwagen, Handys und -Notebooks bestehen. Diese bieten sich in Positionen mit Reisetätigkeit an. Beachten Sie, dass solche Zusatzleistungen – ob monetäre Leistungen oder Sachleistungen – unter Umständen als sogenannter „geldwerter Vorteil“ gelten und somit wie ein Einkommen versteuert werden müssen. Bei einem Dienstwagen muss, zum Beispiel im Rahmen der sogenannten 1%-Regel ein Prozent des Bruttolistenneupreises monatlich versteuert werden.

Kläre in diesem Fall ab, ob die private Nutzung erlaubt ist und welche Kosten entstehen. Der Weg zum Arbeitsplatz kann auch Gegenstand von Zusatzleistungen sein, etwa in Form von vergünstigten ÖPNV- oder Zugtickets oder der Finanzierung des Umzugs an den Arbeitsort.

Weitere Zusatzleistungen können Betriebskindergärten, Personalrabatte auf die Produktpalette des Unternehmens, Freizeitangebote (z.B. betriebseigenes Fitnessstudio), Mitarbeiteraktien, subventionierte Mahlzeiten (z.B. in einer Kantine) oder günstige Kreditangebote sein.

Verhandlungsgeschick

Die genannten Zahlen und Tendenzen sind Anhaltspunkte, die dir helfen sollen deine Gehaltsvorstellungen zu konkretisieren und deinen Gehaltswunsch in künftigen Vorstellungsgesprächen zu argumentieren. Die Unternehmen selbst orientieren sich an firmeninternen Gehaltsbändern – also Unter- und Obergrenzen für Bruttogehälter, die Stellen mit gleichwertigen Anforderungsprofilen und Verantwortungsbereichen zusammenfassen.

An welcher Stelle du in das Gehaltsband einsteigst, ist abhängig von deinem Verhandlungsgeschick. Gerade für Berufseinsteiger* sind die ersten Gehaltsverhandlungen eine Herausforderung. Bedenke aber: Dein Einstiegsgehalt ist nicht in Stein gemeißelt. Mit zunehmender Berufserfahrung, der Übernahme weiterer Aufgabenbereiche oder Personalverantwortung kannst du über die Höhe deines Gehalts verhandeln.

Solche Verhandlungen über eine Gehaltserhöhung sind gerade und Ingenieuren* oft unangenehm. Möchtest du keinen Extra-Termin bei deinem Chef machen, nutze das jährliche oder halbjährliche Mitarbeitergespräch, um über eine Gehaltsanpassung und/oder über mögliche Beförderungen zu sprechen.

Eine gute Vorbereitung erhöht die Chancen auf ein erfolgreiches Gespräch. Dazu gehören stichhaltige Argumente, die einen Wunsch nach mehr Gehalt rechtfertigen. Analysiere dazu deine bisherigen Leistungen und suche nach konkreten Beispielen für den Erfolg deiner Arbeit, die deinen Wert für das Unternehmen belegen.

Bei der Betrachtung verschiedener Gehaltsvergleiche lassen sich Tendenzen feststellen:

  • Große Unternehmen zahlen besser als kleine
  • Bereiche, die näher am „Geldverdienen“ sind (z.B. Unternehmensberatung oder Vertrieb), werden besser vergütet als solche Unternehmensbereiche, die eher „umsatzfern“ arbeiten (z.B. Forschung, Qualitätswesen oder Konstruktion)
  • Im Westen Deutschlands verdient man tendenziell besser als im Osten
  • (Formal) höher Qualifizierte verdienen mehr als (formal) geringer Qualifizierte
  • Ingenieure* können in der Regel mit einem höheren Einstiegsgehalt rechnen als Naturwissenschaftler*
  • Bei mittelgroßen Unternehmen (101-1000 Mitarbeiter) liegt das durchschnittliche Einstiegs- gehalt für Naturwissenschaftler* bei 45.744 Euro, für Ingenieure* bei 45.838 Euro
Dipl.-Biol. Tom Wiegand, MBA

Dipl.-Biol. Tom Wiegand, MBA

Tom Wiegand ist MBA und Neurobiologe mit interdisziplinärem wissenschaftlichen Hintergrund zwischen Naturwissenschaft und Informatik. Er ist als Geschäftsführer Teil des Managements von jobvector und nutzt seine Erfahrung in Vorträgen und als Autor für Jobsuche & Karriere sowie Tech-Personalbeschaffung.
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