Medizinische Geräte

Medizintechnik – Hightechbranche die Leben rettet

Dr. Eva Birkmann, MBA
Dr. Eva Birkmann, MBA
Lesedauer: 9 Min.
Aktualisiert am: 05.05.2024

Medizintechnik ist die Ingenieurwissenschaft, die  sich mit der Entwicklung und Anwendung von Technologien und Geräten beschäftigt, um medizinische Behandlungen, Diagnosen und die Pflege von Patienten zu verbessern. Die Medizintechnik ist als Fachgebiet der Schnittpunkt zwischen Ingenieurwesen und der Medizin. Sie hat eine breite Palette von Produkten hervorgebracht wie Geräte, Ausrüstungen, Software und Materialien, die für medizinische Zwecke verwendet werden.

Medizintechnik – Branche

Jeder kennt sie, Produkte aus der Medizintechnik: Herzschrittmacher, künstliche Hüftgelenke, EKGs, Röntgengeräte beim Arzt oder die Kernspintomografen im Krankenhaus. Doch woher kommen die Produkte? Die Medizintechnik ist ein essenzieller Bestandteil der deutschen Gesundheitsversorgung und gehört seit Jahren zu den wachstumsstärksten und forschungsintensiven Industriezweigen in Deutschland. Allein 2023 lag der Umsatz laut BVMed bei rund 38,4 Milliarden Euro mit einer Exportquote von 67 % und es waren etwa 250.000 Menschen in der Medizintechnologie beschäftigt.

Der medizinisch-technische Fortschritt ist lebensbestimmend: Vor 30 Jahren war es unvorstellbar, dass man 80-jährige Patienten ohne Probleme operieren kann. Heute steigern künstliche Hüftgelenke und moderne Hörimplantate auch im hohen Alter die Lebensqualität. Der demografische Wandel ist einer der ausschlaggebenden Faktoren für die Wachstumsstärke der Medizintechnik: Eine immer älter werdende Gesellschaft bringt auch einen strukturellen Wandel in den Bedürfnissen und der Nachfrage nach Gesundheitsleistungen mit sich. Krankheiten wie z. B. Diabetes und Gefäßerkrankungen prägen die Krankheitsbilder unserer Gesellschaft. Hinzu kommen ein steigender Lebensstandard und die steigende Lebenserwartung. Viele Patienten brauchen daher nicht nur eine medizinische Grundversorgung, sondern auch eine umfassendere Versorgung. Die Medizintechnik ist eine stark regulierte, aber auch stetig wachsende Branche.

Die deutsche Medizintechnik-Industrie investiert etwa neun Prozent ihres Umsatzes in Forschung und Entwicklung und liefert infolgedessen kontinuierlich Wachstumsimpulse. Trotz der weltweit führenden Position zeigt eine BVMed-Umfrage, dass der Standort Deutschland in den Bereichen Forschung, Innovationsfreundlichkeit und Marktzugang zunehmend an Stärke verliert.

Medizintechnik – Einsatzgebiete

Die Medizintechnik leistet einen fundamentalen Beitrag zu Entwicklung von medizinischen Innovationen. Die Welt der medizintechnischen Geräte ist faszinierend. Sie trägt maßgeblich dazu bei, dass Diagnosen einfacher gestellt und neue Behandlungstherapien entwickelt werden. Minimalinvasive Operationstechniken und andere chirurgische Präzisionstechnologien, bei denen die Verletzungen des Gewebes und der Haut auf ein Minimum reduziert werden, haben sich in den letzten Jahren etabliert und dafür konventionelle Operationsverfahren abgelöst.

Was ist das durchschnittliche Gehalt für Bewerber mit Know-How im Bereich Medizintechnik?

Durchschnittsgehalt
54.962 €

brutto pro Jahr

Salary

Das Durchschnittsgehalt im Bereich Medizintechnik variiert in Deutschland zwischen 41.100 € und 64.110 € brutto im Jahr.

Die Einsatzgebiete der Medizintechnik sind vielfältig und decken ein breites Spektrum medizinischer Anwendungen ab. Zu den wichtigsten Bereichen gehören:

  • Diagnostik: Medizintechnik wird umfangreich in der Diagnostik eingesetzt, z. B. durch bildgebende Verfahren wie Röntgen, MRT (Magnetresonanztomografie), Ultraschall und CT (Computertomografie), die es ermöglichen, Krankheiten frühzeitig zu erkennen und genau zu lokalisieren.
  • Therapeutische Geräte: In der Therapie kommen Geräte wie Beatmungsgeräte, Dialysemachinen, Lasergeräte für chirurgische Eingriffe und diverse andere medizinische Instrumente zum Einsatz, die in der Behandlung von Krankheiten und Verletzungen verwendet werden.
  • Prothetik und Implantate: Dies umfasst die Entwicklung und Herstellung von Herzschrittmachern, Stents und anderen Implantaten, die dazu dienen, die Funktion verlorener Körperteile oder -funktionen zu ersetzen oder zu unterstützen.
  • Labortechnologie: Geräte zur Analyse von Blut, Urin und anderen Körperflüssigkeiten sowie molekulargenetische Technologien, die in der Forschung und klinischen Diagnostik verwendet werden.
  • Gesundheits-IT und Telemedizin: Einsatz von Informationstechnologien und Telekommunikationsgeräten, um medizinische Informationen effizient zu verwalten, die Patientenbetreuung zu verbessern und medizinische Dienstleistungen über Distanz hinweg anzubieten.
  • Rehabilitationstechnik: Entwicklungen wie roboterassistierte Therapiesysteme und andere Hilfsmittel, die Personen nach Verletzungen oder mit chronischen Erkrankungen bei der Wiederherstellung ihrer Mobilität und Lebensqualität unterstützen.
  • Tissue Engineering: Hierbei geht es um die Erzeugung von künstlichen Organen für Menschen, die dringend ein Spenderorgan benötigen. Momentan finden umfangreiche Forschungsreihen von Medizinern und Medizintechnik-Ingenieuren statt, deren Ziel eine vollständige Nachzüchtung von einzelnen Organen ist.

Diese Einsatzgebiete zeigen, wie breit die Medizintechnik gefächert ist und wie essenziell sie für moderne medizinische Verfahren und die Gesundheitsversorgung insgesamt ist.

Weiterentwicklung in der Medizintechnik

Im Bereich der biomedizinischen Technik werden bildgebende Verfahren, Ultraschall und Röntgensysteme kontinuierlich weiterentwickelt. Med-Tech-Geräte, wie beispielsweise Herzschrittmacher, Insulinpumpen oder Cochlea-Implantate werden immer kleiner, leichter und effizienter. Computergesteuerte Prothesen und Hightech-Hüftgelenke versprechen Patienten jedes Alters wieder schmerzfreie Bewegungen. Künstliche Augenlinsen ermöglichen wieder scharfes Sehen. Die Entwicklung hochkomplexer technischer Geräte, wie z. B. von Chirurgierobotern und immer präziseren Lasersystemen spielen ebenso eine bedeutende Rolle.

Die Regenerative Medizin und das Tissue Engineering eröffnen neue Möglichkeiten bei der Herstellung lebender und funktionsfähiger Transplantate und Gewebe. Durch neue antibiotische Therapien und Hauttransplantationsverfahren blicken Verbrennungsopfer in eine schmerzfreie Zukunft. Patienten* auf der Warteliste für eine Organspende können ebenso hoffen. Auch das Interesse der Medizintechnik an biodegradierbaren und superabsorbierenden Polymeren für Wundauflagen ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. Drug-Delivery-Systeme – die Kombination von Medikamenten und deren Verabreichungsform für eine gezielte Wirkstofffreisetzung – machen medikamentöse Behandlungen effizienter und verringern Nebenwirkungen. So können durch innovative Verbandsmaterialien wie z. B. über das Wundpflaster biologisch wirksame Stoffe durch den Wundverband direkt an den Organismus geleitet werden.

Die Medizintechnik findet aber auch Lösungen zu Problemen, an die man nicht unbedingt an erster Linie denkt. Die Implementierung und dauerhafte Weiterentwicklung von Verpackungsmaschinen für einen GMP-konformen Verpackungsprozess spielen ebenso eine wichtige Rolle wie ein effizienter Spritzgießprozess für Messlöffel. Ebenso sollen in Zukunft Kommunikationsschnittstellen zwischen elektronischen Patientenakten und diagnostischen Geräten oder Implantaten, wie z. B. Herzschrittmachern, ausgebaut werden, um eine schnellere Behandlung im Notfall zu gewährleisten.

All diese Beispiele zeigen, wie wichtig die interdisziplinäre Verknüpfung von Dienstleistungen und Produkten der Medizintechnik auf nationaler und internationaler Ebene ist. Am Anfang stehen immer die Fragen: Welche Beschwerden können gelindert werden? Welche Behandlungstherapien waren bisher erfolgreich? Können diese auch auf andere Therapien übertragen werden? Welche Materialien eignen sich am besten, um langfristig im menschlichen Körper verbleiben zu können, ohne Nebenwirkungen oder Abstoßungsreaktionen hervorzurufen?

Medizintechnik – Arbeitsmarkt

Der Arbeitsmarkt in der Medizintechnikbranche in Deutschland zeigt eine starke Beschäftigungsdynamik. Ende 2023 beschäftigte die Branche über 265.000 Menschen. Dies unterstreicht die wichtige Rolle, die die Medizintechnik als Arbeitgeber in der deutschen Wirtschaft spielt. Die Branche ist stark mittelständisch geprägt, mit 93 Prozent der Unternehmen, die weniger als 250 Mitarbeiter beschäftigen. Diese Unternehmen sind oft hochinnovativ und investieren durchschnittlich etwa 9 Prozent ihres Umsatzes in Forschung und Entwicklung​ (BVMed)​.

Top-Unternehmen für Medizintechnik

Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT
QIAGEN
Fraunhofer-Institut für Software- und Systemtechnik ISST
Miltenyi Biotec
Medizinische Fakultät Heidelberg

Trotz der allgemein positiven Beschäftigungslage sind Herausforderungen präsent, wie die Anpassung an neue regulatorische Rahmenbedingungen, die einige Unternehmen dazu veranlassen, ihre Innovationsaktivitäten auf andere Märkte, vor allem in die USA, zu verlagern​ (Spectaris)​. Dies könnte langfristige Auswirkungen auf die Dynamik der Branche in Deutschland haben.

Die Medizintechnik bleibt ein bedeutender Wachstumstreiber und Innovationsmotor der deutschen Wirtschaft, bietet stabile Beschäftigungsmöglichkeiten und trägt signifikant zur Wirtschaftsleistung bei. Sie bildet somit eine kritische Komponente der Gesundheitswirtschaft, die zu den größten Sektoren der deutschen Wirtschaft zählt​ (BVMed)​.

In der Medizintechnik gibt es eine Vielzahl von Karrierewegen, die sich durch eine hohe Interdisziplinarität und vielfältige Einsatzbereiche auszeichnen. Hier sind einige typische Karrierewege in der Medizintechnik:

  • Forschung und Entwicklung (F&E): Ingenieure, Wissenschaftler und Techniker arbeiten an der Entwicklung neuer medizinischer Geräte und Technologien. Dieser Bereich erfordert oft einen Hintergrund in Ingenieurwissenschaften, Biomedizin oder angewandter Physik.
  • Produktion und Qualitätssicherung: Spezialisten in der Produktionstechnik stellen sicher, dass medizintechnische Produkte effizient gefertigt und den strengen Qualitätsstandards entsprechen. Karrieren hier umfassen Rollen wie Produktionsleiter, Qualitätsmanager und technische Operatoren.
  • Regulatory Affairs: Fachkräfte in diesem Bereich sind verantwortlich für die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften und Normen, um die Zulassung und den Vertrieb medizintechnischer Produkte zu gewährleisten. Diese Positionen erfordern Kenntnisse in Rechtswissenschaften, Medizinprodukteregulierung und oft auch in Biowissenschaften.
  • Vertrieb und Marketing: Fachleute im Vertrieb und Marketing arbeiten daran, medizintechnische Produkte an Krankenhäuser, Kliniken und andere medizinische Einrichtungen zu verkaufen und Marketingstrategien zu entwickeln, die den Bedürfnissen der Endnutzer entsprechen.
  • Technischer Support und Kundendienst: Techniker und Ingenieure im Bereich des technischen Supports helfen bei der Installation, Wartung und Reparatur von medizintechnischen Geräten und bieten Schulungen für die Endbenutzer dieser Technologien an.
  • Clinical Affairs: Diese Fachkräfte führen klinische Studien durch und arbeiten eng mit Gesundheitsdienstleistern zusammen, um die Sicherheit und Wirksamkeit von Medizinprodukten in der klinischen Praxis zu bewerten.
  • IT und Systemintegration: In der Medizintechnik sind auch IT-Experten gefragt, die sich mit der Integration von Medizintechnik in bestehende IT-Systeme von Gesundheitseinrichtungen beschäftigen, einschließlich Datenmanagement und Cybersicherheit.
  • Projektmanagement: Projektmanager in der Medizintechnik koordinieren die verschiedenen Aspekte der Produktentwicklung von der Konzeption bis zur Markteinführung und stellen sicher, dass Projekte termingerecht und innerhalb des Budgets abgeschlossen werden.

Jeder dieser Karrierewege bietet die Möglichkeit, sich in einem technisch anspruchsvollen und sozial bedeutsamen Feld zu engagieren, das stetig wächst und sich entwickelt.

Interdisziplinäre Qualifikationsprofile

Lösungen zu diesen Fragen werden gemeinsam von Medizinern, Naturwissenschaftlern, Ingenieuren und Technikern entwickelt. Spezielle Fragestellungen können nur von Informatikern und Mathematikern gelöst werden. Die Medizintechnik bietet dementsprechend gute Zukunftsperspektiven und zahlreiche Einstiegsmöglichkeiten. Sie können z. B. in der naturwissenschaftlich-technischen Grundlagenforschung, der medizintechnischen Forschung, der Produktentwicklung oder der Softwareentwicklung tätig sein. Die Möglichkeiten sind vielfältig.

In der Medizintechnik sind verschiedene Qualifikationen gefragt, die je nach spezifischer Rolle und Tätigkeitsbereich variieren können. Hier sind einige der häufigsten und wichtigsten Qualifikationen, die in der Branche benötigt werden:

Wo gibt es aktuell die meisten Medizintechnik Jobs?

  1. Technisches Fachwissen: Ein solides Verständnis in Bereichen wie Elektrotechnik, Maschinenbau, Biomedizinische Technik, oder Materialwissenschaften ist grundlegend. Spezialisierte Kenntnisse in Bereichen wie Robotik, Nanotechnologie oder Sensorik können ebenfalls gefragt sein.
  2. Programmier- und IT-Kenntnisse: Fähigkeiten in der Softwareentwicklung, Datenanalyse und IT-Sicherheit sind besonders wertvoll, insbesondere in Bereichen wie der Entwicklung von medizinischen Informationssystemen oder bei der Arbeit mit komplexen Geräten, die eine Softwaresteuerung benötigen.
  3. Regulatorisches Wissen: Kenntnisse der gesetzlichen Vorschriften und Normen, die für die Zulassung und den Vertrieb medizintechnischer Produkte gelten (z. B. ISO-Normen, EU-MDR), sind unerlässlich für Rollen in Regulatory Affairs und Qualitätssicherung.
  4. Projektmanagement-Fähigkeiten: Die Fähigkeit, Projekte effektiv zu planen, zu koordinieren und auszuführen, ist für das Management von Produktentwicklungszyklen und die Implementierung neuer Technologien von Bedeutung.
  5. Kommunikationsfähigkeiten: Sowohl schriftliche als auch mündliche Kommunikationsfähigkeiten sind wichtig, um komplexe technische Informationen für verschiedene Zielgruppen verständlich zu machen und effektiv im Team sowie mit Kunden und Stakeholdern zu interagieren.
  6. Problem-solving skills: Die Fähigkeit, kritisch zu denken und komplexe Probleme zu lösen, ist entscheidend, insbesondere in der Forschung und Entwicklung, wo Innovationen gefragt sind.
  7. Klinisches Wissen: Für einige Positionen, besonders im Bereich Clinical Affairs oder im Verkauf und Marketing spezifischer medizinischer Geräte, ist ein tiefgehendes Verständnis klinischer Verfahren und Anforderungen von Vorteil.
  8. Interdisziplinäre Teamarbeit: Da die Medizintechnik ein sehr interdisziplinäres Feld ist, sind Teamfähigkeit und die Fähigkeit zur Zusammenarbeit mit Fachleuten aus verschiedenen Bereichen (z.B. Medizinern, Ingenieuren und Wirtschaftsexperten) von großer Bedeutung.

Diese Qualifikationen eröffnen eine breite Palette von Karrieremöglichkeiten in der Medizintechnik und sind entscheidend für den Erfolg in diesem dynamischen und schnell wachsenden Feld.

Gehalt in der Medizintechnik

Das Gehaltsniveau in der Medizintechnik in Deutschland kann je nach Berufserfahrung, Ausbildung, Unternehmensgröße und Branche variieren. Generell sind die Gehälter in dieser Branche jedoch wettbewerbsfähig im Vergleich zu anderen technischen Feldern. Faktoren wie Berufserfahrung, spezifische Qualifikationen und die Art der Tätigkeit innerhalb der Medizintechnik können erheblich zur Höhe des Gehalts beitragen. Darüber hinaus spielen regionale Unterschiede und die Unternehmensgröße eine Rolle in der Gehaltsstruktur.
Eine detaillierte Analyse zu Gehaltsstrukturen in der Medizintechnik findest du hier

Dr. Eva Birkmann, MBA

Dr. Eva Birkmann, MBA

Dr. Eva Birkmann ist promovierte Naturwissenschaftlerin und Wirtschaftswissenschaftlerin. Als Geschäftsführerin von jobvector ist sie als anerkannte Autorin von Ratgeber-Artikeln zum Thema MINT-Karriere und Fachbeiträgen für Recruiting und Personalwirtschaft tätig.
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