Arbeitszeitverfassung

Arbeitszeiterfassung

Jan-Philipp Schreiber
Jan-Philipp Schreiber
Lesedauer: 9 Min.
Aktualisiert am: 17.04.2025

Arbeitszeiterfassung ist die systematische Dokumentation der geleisteten Arbeitszeit von Beschäftigten. Dabei werden Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit festgehalten. Je nach System können auch Pausen, Überstunden oder Abwesenheiten erfasst werden. Die Erfassung kann manuell, digital oder automatisch erfolgen – etwa über Stempeluhren, Excel-Tabellen oder Zeiterfassungssoftware. Ziel ist es, die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben zu sichern und Transparenz über Arbeitszeiten zu schaffen. Für Unternehmen ist sie ein wichtiges Instrument zur Personalplanung und Abrechnung. Beschäftigte profitieren durch den klaren Überblick über ihre geleistete Arbeit.

Arbeitszeiterfassung – Bedeutung

Die Arbeitszeiterfassung ist die Grundlage für eine korrekte Vergütung. Sie stellt sicher, dass geleistete Stunden, Überstunden und Pausen vollständig dokumentiert werden. Ohne Erfassung kann es zu Fehlern in der Lohnabrechnung kommen oder zu Konflikten bei Mehrarbeit.

Zudem schützt sie Beschäftigte vor unbezahlter Mehrarbeit und gesundheitlicher Überlastung. Unternehmen gewinnen durch die Zeiterfassung einen besseren Überblick über Arbeitsabläufe und Ressourcennutzung. Sie können Arbeitszeiten analysieren und gezielter planen.

Auch rechtlich hat die Arbeitszeiterfassung eine große Bedeutung: Arbeitgeber sind verpflichtet, Arbeitszeiten systematisch zu dokumentieren. Nur so lassen sich gesetzliche Vorgaben, etwa zur Höchstarbeitszeit oder zu Ruhepausen einhalten.

Ist Arbeitszeiterfassung Pflicht?

Ja, Arbeitszeiterfassung ist in Deutschland Pflicht. Das ergibt sich aus mehreren rechtlichen Grundlagen. Die wichtigste ist das Arbeitszeitgesetz (ArbZG). Laut § 16 Abs.2 ArbZG müssen Arbeitgeber die über die werktäglichen Arbeitszeit  ihrer Beschäftigten aufzeichnen und diese Aufzeichnungen mindestens zwei Jahre aufbewahren. Das betrifft zum Beispiel Überstunden.

Seit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 14. Mai 2019 (C-55/18) gilt zusätzlich: Arbeitgeber sind verpflichtet, ein objektives, verlässliches und zugängliches System zur vollständigen Erfassung der täglichen Arbeitszeit einzuführen. Dieses Urteil hat das Bundesarbeitsgericht am 13. September 2022 bestätigt (Az. 1 ABR 22 (21). Seitdem steht fest: Auch die normale Arbeitszeit muss systematisch erfasst werden – nicht nur Überstunden.

Diese Pflicht gilt unabhängig von der Betriebsgröße oder der Branche. Auch kleinere Unternehmen müssen ein Zeiterfassungssystem einführen. Ob das elektronisch oder auf Papier erfolgt, ist derzeit noch nicht gesetzlich vorgeschrieben, wird aber in Zukunft vermutlich genauer geregelt. Ein entsprechender Gesetzesentwurf aus dem Bundesarbeitsministerium liegt bereits vor, ist aber noch nicht verabschiedet.

Was muss ein Arbeitgeber erfassen?

Arbeitgeber sind verpflichtet, die gesamte Arbeitszeit ihrer Beschäftigten zu erfassen. Dazu gehören Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit. Diese Pflicht ergibt sich aus dem Arbeitszeitgesetz (§ 16 Abs. 2 ArbZG) und wurde durch das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 13. September 2022 bestätigt. Zusätzlich müssen Überstunden sowie Arbeit an Sonn- und Feiertagen dokumentiert werden. Die Aufzeichnungen sind mindestens zwei Jahre aufzubewahren und auf Verlangen der Aufsichtsbehörde vorzulegen.

Auch bei Vertrauensarbeitszeit bleibt die Pflicht zur Erfassung bestehen. Arbeitgeber können die Aufzeichnung an die Beschäftigten delegieren, tragen jedoch weiterhin die Verantwortung für die ordnungsgemäße Dokumentation. Außerdem müssen Arbeitgeber sicherstellen, dass die erfassten Daten datenschutzkonform verarbeitet und gespeichert werden.

Wer muss keine Arbeitszeiten erfassen?

Grundsätzlich gilt die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung für alle Beschäftigten. Es gibt jedoch Ausnahmen. Personen mit leitender Funktion – sogenannte leitende Angestellte im Sinne des § 5 Abs. 3 Betriebsverfassungsgesetz – sind von der Pflicht zur Arbeitszeiterfassung ausgenommen. Sie unterliegen nicht den Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes und können ihre Arbeitszeit meist frei gestalten.

Auch Geschäftsführer und Vorstände zählen nicht zu den betroffenen Gruppen, da sie keien Arbeitnehmer im arbeitsrechtlichen Sinne sind. Für sie gelten eigene vertragliche Regelungen.

In Zukunft könnte es weitere Ausnahmen geben, wenn Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen abweichende Regelungen zulassen. Der aktuelle Gesetzentwurf sieht etwa vor, dass in tarifgebundenen Betrieben eine Abweichung von der täglichen Aufzeichnungspflicht möglich ist – zum Beispiel bei Vertrauensarbeitszeit.

Trotzdem gilt: Auch in solchen Fällen bleibt der Arbeitgeber in der Verantwortung, gesetzliche Höchstarbeitszeiten und Ruhezeiten einzuhalten. Die Ausnahme von der Aufzeichnungspflicht entbindet nicht von der Einhaltung der arbeitszeitrechtlichen Grenzen.

Modelle zur Arbeitszeiterfassung

Je nach Arbeitsorganisation, technischen Möglichkeiten und gesetzlichen Vorgaben kommen in Unternehmen verschiedene Modelle der Arbeitszeiterfassung zum Einsatz. Alle verfolgen das gleiche Ziel: die vollständige, verlässliche und nachvollziehbare Dokumentation der täglichen Arbeitszeit. Im Folgenden werden drei gängige Modelle ausführlich vorgestellt: manuelle, digitale und automatische Zeiterfassung.

Manuelle Zeiterfassung

Die manuelle Zeiterfassung ist die einfachste Form der Arbeitszeiterfassung. Beschäftigte tragen ihre Arbeitszeiten eigenständig ein – häufig in Papierlisten, Stundenzetteln oder Excel-Tabellen. Erfasst werden in der Regel Beginn und Ende des Arbeitstags sowie Pausenzeiten. Diese Einträge erfolgen meist täglich oder wöchentlich und werden später durch Vorgesetzte oder die Personalabteilung überprüft.

Der größte Vorteil liegt in der unkomplizierten Umsetzung: Es wird keine spezielle Technik benötigt und auch die Einführung ist ohne großen Schlungsaufwand möglich. Gerade in kleinen Betrieben oder bei einfachen Arbeitszeitmodellen kann diese Lösung ausreichen.

Allerdings bringt das Modell auch Nachteile mit sich. Die Fehleranfälligkeit ist hoch – sei es durch Vergessen, unklare Einträge oder bewusste Falschangaben. Eine manuelle Erfassung bietet wenig Kontrolle und Transparenz. Darüber hinaus ist die Auswertung aufwendig, daide Daten erst digitalisiert und überprüft werden müssen. Für die rechtssichere Dokumentation nach aktuellen Vorgaben ist dieses Modell deshalb nur bedingt geeignet.

Digitale Zeiterfassung

Die digitale Zeiterfassung erfolgt über Softwarelösungen oder Zeiterfassungs-Apps. Beschäftigte erfassen ihre Arbeitszeiten digital – über den PC, mobile Endgeräte oder stationäre Terminals. Die Daten werden automatisch gespeichert, können zentral verwaltet und direkt ausgewertet werden. Viele Systeme bieten usätzliche Funktionen, etwa zur Überwachung von Pausenzeiten, zur Urlaubsverwaltung oder zur Einhaltung gesetzliher Arbeitszeitgrenzen.

Ein großer Vorteil dieses Modells ist die Kombination aus Genauigkeit und Effizienz. Arbeitszeiten lassen sich sekundengenau festhalten und ohne zusätzlichen Aufwand auswerten. Für Beschäftigte bedeutet die digitale Erfassung mehr Transparenz, für Unternehmen entsteht ein verlässlicher Überblick über Anwesenheiten, Überstunden und porjektbezogene Arbeitszeiten.

Digitale Systeme lassen sich meist gut an bestehende Arbeitsabläufe anpassen und sind in verschiedenen Preisklassen erhältlich – von einfachen Cloud-Lösungen bis hin zu komplexen ERP-Integrationen. Wichtig ist dabei, dass Datenschutz und Datensicherheit gewährleistet sind, da personenbezogene Daten verarbeitet werden. Die digitale Zeiterfassung gilt als zukunftssichere Lösung, besonders für mittelgroße und große Betriebe mit dynamischen Arbeitszeiten oder hybriden Teams.

Automatisierte Zeiterfassung

Bei der automatisierten Zeiterfassung werden Arbeitszeiten erfasst, ohne dass Beschäftigte aktiv etwas eingeben müssen. Dies geschieht meist über Chipaktien, Transponder, biometrische Scanner (z.B. Fingerabdruck oder Gesichtserkennung) oder durch die Kopplung mit Zugangskontrollen. Beim Betreten oder Verlassen des Arbeitsplatzes wird die Zeit automatisch erfasst und gespeichert.

Dieses Modell bietet eine besonders hohe Genauigkeit und Fälschungssicherheit. Es eignet sich vor allem für Unternehmen mit festen Arbeitsorten, etwa in der Produktion, Logistik oder im Gesundheitswesen. Auch in sicherheitskritischen Bereichen, in denen dokumentiert werden muss, wer sich wann wo aufgehalten hat, ist diese Lösung sinnvoll.

Die Einführung eines automatischen Systems ist jedoch mit höheren Investitionen verbunden. Es muss technische Infrastruktur vorhanden sein, und die Verarbeitung sensibler Daten – etwa biometrischer Merkmale – unterliegt strengen datenschutzrechtlichen Anforderungen. Unternehmen müssen sicherstellen, dass sie die Einwilligung der Mitarbeiter einholen und die Daten ausschließlich zweckgebunden speichern.

Trotz des Aufwands entscheiden sich immer mehr Unternehmen für automatische Systeme, weil sie langfristig Kosten und Aufwand bei der Zeiterfassung reduzieren und gleichzeitig eine lückenlose Dokumentation sicherstellen.

Wer kontrolliert die Arbeitszeiterfassung?

Für die Kontrolle der Arbeitszeiterfassung in Deutcshland ist in erster Linie die Arbeitsschutzbehörde des jeweiligen Bundeslands zuständig. Diese Behörden prüfen, ob Arbeitgeber die gesetzlichen Vorgaben des Arbeitszeigesetzes (§ 16 ArbZG) einhalten – dazu gehört auch die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung. Die Kontrolle erfolgt stichprobenartig oder anlassbezogen, zum Beispiel nach Beschwerden von Beschäftigten.

Bei verstößen gegen die Dokumentationspflichten können Bußgelder verhängt werden. Laut §22 ArbZG drohen ARbeitgebern bei fehlender oder unvollständiger Arbeitszeiterfassung Geldbußen von bis zu 30.000 €. In schweren Fällen, etwa bei vorsätzlicher Missachtung oder wiederholten Verstößen, kann auch ein Strafverfahren eingeleitet werden.

Auch das Zollamt, insbesondere die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS), kann im Rahmen von Prüfungen Einblick in Arbeitszeitnachweise nehmen. Dies betrifft vor allem BRanchen mit erhöhten RIsiko für illegale Beschäftigung, etwa das Baugewerbe, die Gastronomie oder die Pflege.

Neben staatlichen Kontrollen tragen auch Betriebsräte eine wichtige Rolle: In Unternehmen mit Mitbestimmung haben sie das Recht, die Einhaltung der Arbeitszeitregelungen zu überwachen (§87 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 BetrVG). Sie können darauf bestehen, dass ein geeignetes Zeiterfassungssystem eingeführt und korrekt genutzt wird.

Arbeitgeber sollten daher nicht nur auf die Einführung eines Systems achten, sondern auch auf dessen konsequente Anwendung. Denn im Ernstfall zählt nicht nur, ob ein System vorhanden ist – sondern ob es auch lückenlos genutzt wird.

Arbeitszeiterfassung und Datenschutz

Bei der Arbeitszeiterfassung werden personenbezogene Daten verarbeitet – darunter Arbeitsbeginn, Arbeitsende, Pausenzeiten und oft auch Standortdaten oder Zugangsinformationen. Damit unterliegt die Erfassung den Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Arbeitgeber müssen sicherstellen, dass die Daten rechtmäßig, zweckgebunden und möglichst sparsam erhoben werden.

Wichtig ist: Die Beschäftigten müssen darüber informiert werden, welche Daten erfasst werden, zu welchem Zweck und wie lange sie gespeichert bleiben. Diese Informationspflicht ergibt sich aus Art. 13 DSGVO. Eine Erfassung “auf Vorrat” oder ohne konkreten Zweck ist unzulässig.

Auch die Speicherdauer spielt eine Rolle. Arbeitszeiten dürfen nicht unbegrenzt aufbewahrt werden. In der Regel reicht eine Aufbewahrungsfrist von zwei Jahren, wie sie §16 Abs. 2 ARbZG für Überstunden vorsieht. Danach müssen die Daten gelöscht oder anonymisiert werden, sofern keine anderen gesetzlichen Aufbewahrungsfristen greifen.

Technisch muss sichergestellt sein, dass die Daten vor unbefugtem Zugriff geschützt sind – zum Beispiel durch verschlüsselte Übertragung, passwortgeschützte Systeme oder Zugriffsrechte. Besonders sensibel sind Systeme mit biometrischen Daten (z.B. Fingerabdruck oder Gesichtserkennung). Hier gelten strengere Maßstäbe, da diese Daten laut ARt. 9 DSGVO als besonders schützenswert eingestuft werden.

Arbeitgeber sollten zudem mit allen beteiligten Dienstleistern, etwa Anbietern von Zeiterfassungssoftware, einen Vertrag zur Auftragsverarbeitung nach Art. 28 DSGVO abschließen. Nur so ist rechtlich sichergestellt, dass auch externe Dienstleister den Datenschutz beachten.


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Jan-Philipp Schreiber

Content Marketing Manager

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Jan-Philipp ist ein versierter Wirtschaftswissenschaftler und Experte für Gehalts- und Arbeitsmarkt-Themen. Jan-Philipp verfügt über ein breites Spektrum an Fachkenntnissen, insbesondere im Bereich von Gehaltsstrukturen, des Projektmanagements und Themen rund um Recruiting & Stellenanzeigen. Seine Beiträge im HR-Magazin zeichnen sich durch praxisnahe Tipps, aktuelle Branchentrends und sein Engagement für Themen aus dem Personalwesen aus.
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