Scrum Master Berufsbild – Definition, Aufgaben & Ausbildung

Dipl.-Biol. Tom Wiegand, MBA
Dipl.-Biol. Tom Wiegand, MBA
Lesedauer: 10 Min.
Aktualisiert am: 08.03.2024

Agil. Was heißt das eigentlich? Das Buzzword ist ja aktuell in aller Munde. Agil, das heißt nicht, dass alle Mitarbeiter* ab sofort flexibel früher kommen und später nach Hause gehen dürfen. Agilität ist auch nicht daran zu erkennen, dass es ab sofort keine festen Arbeitsplätze mehr gibt. Ein Großraumbüro ist noch lange kein agiles Arbeitsumfeld. Und was genau bedeutet eigentlich Scrum?

Agiles Arbeiten bedeutet, sein Tun jederzeit daran zu messen, wie schnell ein Team Kundenwert schaffen kann, der den Kunden auch tatsächlich erreicht. Fast fertig ist nicht fertig. Agil arbeiten bedeutet, sich blitzschnell an Veränderungen anpassen zu können, statt an einem Plan festzuhalten. Es bedeutet auch, in selbstorganisierten Teams keine Zeit, kein Geld und keine Nerven durch unnötige, hierarchische Prozesse, Spiele und Missverständnisse zu verlieren. Agil sein heißt, sich im täglichen Tun daran zu gewöhnen, sich an nichts zu sehr zu gewöhnen und alles ständig zu hinterfragen, um es zu verbessern.

Selbstorganisation? Keine Hierarchien? Anarchie? Ganz und gar nicht. Scrum bietet einen agilen Rahmen für Teams, sich ohne Macht-Hierarchien zu organisieren. Um es kurzzufassen: Scrum, das sind 16 Seiten Anleitung zu agilem Arbeiten. Es besteht aus drei Rollen, vier Meetings und zwei sogenannten Artefakten. Das Framework zum Nachlesen findet man hier:
www.scrumguides.org

Die Arbeit in Scrum ist in sogenannten Sprints organisiert. Dies sind Arbeitsintervalle, an deren Ende ein „Inkrement“, also ein Teilprodukt mit klarem Mehrwert für den Auftraggeber, veröffentlicht wird. Beim Düsseldorfer Telefonanbieter sipgate beispielsweise dauern diese Intervalle je nach Team und Produkt eine oder zwei Wochen. Warum das agil ist? Die Agilität dieses Ansatzes entsteht vor allem daraus, dass das Produkt in kleinen Iterationen, also kleinen Päckchen veröffentlicht wird. So kann Kunden- und Team-Feedback bereits früh in die Entwicklung und den Entwicklungsprozess mit einfließen und das Team kann seine Arbeit an echte Kundenbedürfnisse anpassen, statt an einem veralteten Plan festzuhalten.

Und was hat der Scrum Master mit all dem zu tun?

Der Scrum Master ist der chronische Blick von außen. Ein Team, das am Produkt arbeitet, steckt bis über beide Ohren im Thema. Der Scrum Master nicht. Und das ist der Vorteil:
Er achtet darauf, dass das Scrum Framework eingehalten wird, also unter anderem alle Meetings, die zum Scrum Framework gehören, auch stattfinden. Der Scrum Master sieht Probleme, die dem Team manchmal nicht bewusst sind, und macht sie sichtbar, um sie zu lösen. Dabei essenziell und Scrum Master Grundgesetz: Er selber löst die Probleme nicht! Es geht um das sichtbar machen und darum, das Team zu befähigen, die nun verstandenen Probleme selbst zu lösen. Dabei behalten die Scrum Master den Überblick über die ganze Organisation, da ein einzelner Mitarbeiter*, der nur innerhalb eines Teams agiert, oft nicht abschätzen kann, welche Auswirkungen sein Handeln auf andere Teams oder die gesamte Organisation hat.

Der Scrum Master per Definition

Jeden Tag etwas anderes! Der Beruf ist alles andere als eintönig. Der Scrum Master muss in erster Linie die Scrum-Teams betreuen, also beim Team sitzen, das Team beobachten, schauen, wie die Dynamiken zwischen den einzelnen Teammitgliedern aussehen. Denn das Ziel ist, Probleme sichtbar zu machen, damit man diese angehen und beseitigen kann. Auch Moderation in verschiedensten Formen ist ein Teil der Arbeit. Gibt es z. B. Konflikte, die nicht offen zutage treten? Es gilt, Probleme jeder Art anzusprechen.

Was ist das durchschnittliche Gehalt als Scrum Master?

Durchschnittsgehalt
56.291 €

brutto pro Jahr

Salary

Das Durchschnittsgehalt als Scrum Master variiert in Deutschland zwischen 52.800 € und 63.728 € brutto im Jahr.

In Gesprächen mit dem Team wird zutage gefördert, welche Faktoren die erfolgreiche Arbeit behindern. Hier muss sich ein Scrum Master adaptiv verhalten. Manche Teams sind noch nicht so weit und wünschen sich vielleicht ein bisschen mehr Anleitung. Es gibt aber auch solche, bei denen genau dies das Falsche wäre. Mit feinem Gespür muss in jeder Situation das Richtige für die Effektivität der Sprints und des gesamten Projekts getan werden.

Außerdem spricht die Geschäftsführung mit dem Scrum Master über die strategische Ausrichtung. Organisationsentwicklung ist hier das Stichwort. Wie kann die Firma entsprechend der strategischen Ziele eine bestimmte Richtung einschlagen?

Mit den Product Ownern der Teams wird diskutiert, wohin sich die Produkte entwickeln sollen, sowie ob Teams und Firma für die Unterstützung der Strategie gut aufgestellt sind.

Darüber hinaus setzt sich der Scrum Master mit dem Personalteam zusammen, um zu erarbeiten, wie neue Kollegen* gefunden werden. Bewerbungsgespräche und ganze Bewerbungsprozesse werden begleitet. Schulungen werden durchgeführt und Trainings angeboten.

Der Scrum Master bei sipgate

Und was macht ein Scrum Master bei sipgate tagtäglich? Laut der Definition im Scrum Guide achtet der Scrum Master darauf, dass das Scrum-Framework eingehalten wird.

Bei sipgate ist das nach sieben Jahren agilen Arbeitens allen so sehr in Fleisch und Blut übergegangen, dass der Scrum Master sich auch anderen Aufgaben widmen kann.

Hier wartet ein breites Aufgabenspektrum, das bei der Konfliktlösung, der Beobachtung von Teamdynamiken und Klärung von zwischenmenschlichen “Wehwehchen” anfängt und bei der Organisationsentwicklung des ganzen Unternehmens (eigentlich noch lange nicht) aufhört. Hier mutiert der Scrum Master zum “Hüter der Kultur”. Er stellt sicher, dass die Organisation so aufgestellt ist, dass die Produktstrategie unterstützt und die Unternehmenskultur geschützt wird. Dabei arbeitet der Scrum Master eng zusammen mit dem Personalteam und bildet sozusagen die “kommunikative Schmiere” im kulturellen Getriebe der Organisation.

Entsprechend dieser Schnittstellenfunktion im gesamten Unternehmen ist der Scrum Master der Einzige bei sipgate, der mit so gut wie jedem im Unternehmen zu tun hat. Nicht nur die Mitglieder eines Teams, die Geschäftsführung und das Personalteam sind im ständigen Kontakt mit dem Scrum Master. Marketing, Buchhaltung, Rechtsabteilung und sogar das Küchenpersonal gehören auch zu seinen üblichen Gesprächspartnern*. Denn wenn es darum geht, Prozesse agil und lean zu gestalten, muss das gesamte Unternehmen betrachtet werden.

Vollgepackt mit den richtigen Fragen zur richtigen Zeit an die richtigen Leute, Schulungen von Mitarbeitern* in agilen Methoden, Teambuildingaktivitäten und dem Messen von Fortschrittsparametern ist der Werkzeugkasten des Scrum Masters gut gefüllt. Damit hilft er, das Unternehmen kontinuierlich schneller zu machen, indem er Ineffizienzen findet und hilft, sie auszumerzen und zukünftig zu vermeiden.

Viele Wege führen zum Ziel

Für denjenigen, der mit dem Gedanken spielt, Scrum Master zu werden, gilt es, sich endgültig von der Vorstellung zu trennen, dass jeder Anstellung eine passende fachliche Ausbildung vorangeht! Zwar werden in Stellenanzeigen für die Position eines Scrum Masters immer wieder Programmierkenntnisse vorausgesetzt, jedoch geht es hier eher um ein gutes Branchenverständnis – also zu wissen, wie Softwareentwicklung funktioniert – als um die Fähigkeit, selber programmieren zu können. Er soll sich schließlich nicht in die Arbeit der Entwicklerteams einmischen. Ein gesunder, fachlicher Abstand ist hier oft sogar sehr hilfreich. Wichtig ist dagegen, zu wissen, wie ein Software-Entwickler* denkt: analytisch, strukturiert und in gewisser Weise „in Algorithmen“.

Ein Scrum Master sollte vier Eigenschaften mitbringen: Geduld, Gelassenheit, Empathie und Durchsetzungsvermögen. Zusätzlich wichtig sind Kommunikationstalent und analytisches Denkvermögen. Wer in diesen Beruf einsteigen möchte, darf nie stehen bleiben, muss immer weiter lernen wollen, flexibel sein und mit Veränderungen gut umgehen können. Wer dann noch gerne mit Menschen interagiert, ist charakterlich gut für die Aufgaben eines Scrum Masters aufgestellt.

Bei sipgate wird deshalb bei der Bewerbung auf eine Stelle als Scrum Master insbesondere auf das Anschreiben und die Motivation des Bewerbers geachtet. Gleiches gilt für das Bewerbungsgespräch, in welchem man die persönliche Eignung besonders gut ermitteln kann. Wer hier zeigt, dass er ein Gespür für Situationen, Menschen und einen Blick für systemische Zusammenhänge hat, kann klar punkten.

Ebenfalls sehr hilfreich ist Berufs- oder allgemein Lebenserfahrung. Diese geht nicht nur oft mit stärker ausgeprägten Soft Skills einher, Erfahrung hilft auch beim Umgang mit den in ihren Bereichen erfahrenen Teammitgliedern. Da ein Scrum Master auf Probleme aufmerksam macht und den Teammitgliedern Aspekte ihrer Arbeit vor Augen führt, die diese bisher nicht gesehen haben, muss das Team den Scrum Master auch als für diese Rolle geeignet wahrnehmen. Das heißt: Fach- oder Branchenkenntnisse, Durchsetzungsvermögen und ein sicheres Auftreten sind entscheidend.

Es gibt also keine Ausbildung, keinen typischen Lebenslauf, kein Patentrezept, wie man Scrum Master wird. Es kommt eher auf die persönlichen Eigenschaften, Soft Skills und den Willen an, sich in diesem Bereich zu etablieren. Zusammenfassend kann man in diesem Sinne sagen: „Willst du Scrum Master werden? Dann sei Scrum Master!“.

Warum Scrum Master werden?

Wer sich in den persönlichen Anforderungen und Aufgaben eines Scrum Masters wiederfindet, kann diese Frage eigentlich bereits selbst beantworten. So zu arbeiten, wie es der eigenen Art entspricht und „starre“ Projektarbeit hinter sich zu lassen, macht die Arbeit in diesem Beruf so attraktiv. Auch jeder, der von vornherein weiß, dass es seinem Naturell entspricht, Projekte agil voranzubringen, wird als Scrum Master glücklich werden. In diesem Berufsbild dürfen ein sehr abwechslungsreicher Alltag und die immer wieder herausfordernde Mitwirkung an der stetigen Verbesserung von Arbeitsabläufen, Geschäftsprozessen und Organisationsstrukturen erwartet werden.

Karrierewege

Als Scrum Master arbeitet man in einem Bereich, der nur schwer zwischen anderen Tätigkeiten einzuordnen ist. Bei der Scrum-Idee geht es zudem ja gerade darum, die übliche Denkweise hinter sich zu lassen, so auch die bekannte Vorstellung einer linearen Hierarchietreppe. Dennoch ist es natürlich möglich, sich, falls gewünscht, in eine andere Richtung zu entwickeln.
Eine nahe liegende Möglichkeit wäre eine Tätigkeit als Berater* für agiles Management. Das heißt, wer es eher mag, Scrum-Strukturen von Beginn an in Unternehmen aufzubauen und die verschiedensten Firmen darin zu beraten, einen Einstieg in agiles Management zu erhalten, kann auf diese Weise spannende neue Aufgaben für sich entdecken.

Zwei Scrum Master bei sipgate erzählen, wie sie zu ihrem Beruf gekommen sind

Jacqueline Rahemipour

Tatsächlich bin ich quasi zufällig Scrum Master geworden, es gibt ja keine Ausbildung und kein festes Berufsbild dahinter. Zuvor hatte ich viele Jahre selbstständig in der Beratung von IT-Unternehmen gearbeitet. In verschiedenen Projekten, die ich dabei begleitet habe, bin ich das erste Mal mit „klassischem“ Projektmanagement betraut gewesen. Dann habe ich einmal mit Scrum arbeiten sollen, fand das aber irgendwie merkwürdig. Ich hatte das Gefühl, dass da seitens des Unternehmens vielleicht einiges falsch verstanden wurde. Also habe ich mir ein Buch dazu gekauft und alles nachgelesen. Dazu kam, dass ich viele Jahre im Open-Source-Umfeld tätig war und dort ein Projekt auch ehrenamtlich geleitet habe. Beim Lesen dieses Buches sind mir dann viele Parallelen bewusst geworden.

Die Art, wie ein Team von ehrenamtlich Arbeitenden Software entwickelt, hat viel damit zu tun, wie ein agiles Team Entscheidungen trifft und zur gemeinsamen Vision und zum gemeinsamen Ziel kommt. Diese Erkenntnis war irritierend und inspirierend zugleich und hat mich zu meiner Bewerbung auf die entsprechende Stellenanzeige von sipgate bewegt. Ich habe mich also auf die Stelle des Scrum Masters beworben, ohne, dass ich Berufserfahrung in diesem Bereich hatte. Übrigens ist mein fachlicher Hintergrund keineswegs rein in der Informatik verortet. Informatik war während meines Studiums Nebenfach, mein Hauptfach war Mathematik.

Friederike Feld

Ich habe nach meinem Mathematikstudium mit Nebenfach Philosophie erst einmal bei einem großen Konzern mit 50.000 Mitarbeitern im sogenannten internationalen Projektmanagement in der IT gearbeitet. Was mir damals immer sehr bewusst war: Die Deadlines konnten fast nie eingehalten werden und bei Entscheidungsfindungen war immer viel Firmenpolitik, aber kaum ein Kundenwunsch im Spiel. Ich wollte anders arbeiten, also habe ich nach vier Jahren dort gekündigt. Weil ich zwar genau wusste, wie ich es gerne hätte, aber nicht, wo ich es finden könnte, habe ich dann bewusst eine Auszeit genommen. Danach bin ich zufällig über die Anzeige von sipgate gestolpert. Bis dahin hatte ich allerdings noch nie etwas von Scrum gehört. Nachdem ich mir die Stellenanzeige angeschaut hatte, wusste ich, dass ich das geforderte Profil mitbringe – genauso wie bei Jacqueline, ganz ohne Erfahrung mit Scrum. Seitdem arbeite ich bei sipgate.

Dipl.-Biol. Tom Wiegand, MBA

Dipl.-Biol. Tom Wiegand, MBA

Tom Wiegand ist MBA und Neurobiologe mit interdisziplinärem wissenschaftlichen Hintergrund zwischen Naturwissenschaft und Informatik. Er ist als Geschäftsführer Teil des Managements von jobvector und nutzt seine Erfahrung in Vorträgen und als Autor für Jobsuche & Karriere sowie Tech-Personalbeschaffung.
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