Karrierewege für Chirurgen – Klinik, Forschung oder Ambulanz?

Dr. Eva Birkmann, MBA
Dr. Eva Birkmann, MBA
Lesedauer: 5 Min.
Aktualisiert am: 21.03.2024

Die Chirurgie ist eines der faszinierendsten medizinischen Fächer – mit hervorragenden Job-Aussichten. In keinem anderen Fach seid ihr so „nah“ an euren Patienten. In keinem anderen Fach benötigt ihr so viel Geschicklichkeit. Daher ist es nicht jedermanns Sache, Chirurg* zu werden. Es gehört Mut dazu, Verantwortung zu übernehmen und Entscheidungen zu treffen. Auch das Wissen um komplexe medizinische Zusammenhänge und die Empathie für den Patienten* zeichnen einen guten Chirurgen* aus.

Heute bieten euch die Karrierewege in der Chirurgie deutlich mehr Wahlfreiheit als in allen chirurgischen Generationen zuvor. Neben der klassischen „Krankenhaus-Karriere“ gibt es eine Vielzahl von Optionen im ambulanten chirurgischen Bereich, sei es die Einzelpraxis, die Praxis- beziehungsweise Berufsausübungsgemeinschaft oder die angestellte Tätigkeit in einem medizinischen Versorgungszentrum. Die interdisziplinäre Verzahnung der verschiedenen medizinischen Bereiche ist gerade in der Chirurgie gut möglich.

Weiterbildungsordnung

Wer sich mit Karrierewegen in der Chirurgie beschäftigt, sollte sich zunächst die von den Ärztekammern vorgegebene aktuelle Weiterbildungsordnung anschauen. Das Gebiet Chirurgie umfasst acht Fachkompetenzen: die Allgemeinchirurgie, die Viszeralchirurgie, die Thoraxchirurgie, die Plastische und Ästhetische Chirurgie, die Orthopädie und Unfallchirurgie, die Kinderchirurgie, die Gefäßchirurgie und die Herzchirurgie. Für die Erlangung des Facharztes ist jeweils eine Weiterbildungszeit von mindestens sechs Jahren vorgesehen, die mit der Facharztprüfung abschließt.

Klinische Karriere in der Chirurgie

Möchtest du als Chirurg* eine klinisch-chirurgische Karriere verfolgen, kann dies heutzutage sowohl in Krankenhäusern der Grund-, Regel- und Schwerpunktversorgung bzw. Universitätskliniken oder auch großen Praxen auf hohem Niveau erfolgen. Eine Vielzahl von Kliniken haben in den letzten Jahren Weiterbildungscurricula etabliert, die vor allem durch ein Rotationsprinzip in den verschiedenen Funktionsbereichen eine breite chirurgische Weiterbildung ermöglichen. Im Rahmen einer breiten klinischen Weiterbildung ist es auch empfehlenswert, einen Wechsel zwischen unterschiedlichen Weiterbildungsstätten zu erwägen, um möglichst vielfältige Einblicke zu erhalten. Als langfristiges Berufsziel mit einer solchen klinisch-fundierten Weiterbildung stehen Nachwuchsmedizinern* viele Möglichkeiten offen. So ist eine Position in einem Krankenhaus der Grund-, Regel- oder Schwerpunktversorgung ebenso denkbar wie eine herausfordernde Position im ambulant chirurgischen Bereich.

Klinisch-wissenschaftliche Karriere

Möchte man eher eine klinisch-wissenschaftliche Karriere einschlagen, bieten vor allem die Universitätskliniken die besten Voraussetzungen für den akademischen Karriereweg. Hier solltest du bereits in frühen Weiterbildungsjahren durch erste experimentelle/klinische Projekte die Basis für eine wissenschaftliche Karriere gelegt werden, die als Ziel die Habilitation beinhalten sollte. Hierbei solltest du Möglichkeiten der Forschungsfreistellungen in der eigenen Klinik oder Forschungsaufenthalte im Ausland (z. B. durch ein drittmittelgefördertes Projekt) in Erwägung ziehen. Während dieser wissenschaftlichen Bestrebungen darf man, unserer Meinung nach, die klinische Weiterbildung in keiner Weise vernachlässigen. Denn zum einen kann das Interesse an einer wissenschaftlichen Karriere schwinden oder der Erfolg ausbleiben und zum anderen definiert sich gerade die akademische Karriere aus der Kombination von Klinik und Wissenschaft.

Entsprechend steht der Erwerb des chirurgischen Facharztes* mit einer fundierten klinischen Weiterbildung neben der wissenschaftlichen Karriere im Vordergrund. Schließlich besteht an akademischen Lehrkrankenhäusern sowie Universitätskliniken die Möglichkeit bzw. Verpflichtung, sich an der studentischen Lehre zu beteiligen, was in einigen Fällen auch in eine langfristige Schlüsselposition, wie z. B. als Leiter* der chirurgischen Lehre, münden kann.

Wissenschaftliche Karriere in der Chirurgie

Im Gegensatz zur klinisch-wissenschaftlichen Karriere steht bei der rein wissenschaftlichen Laufbahn die Forschungsarbeit im Mittelpunkt. Hier bieten die Universitätskliniken die besten Voraussetzungen, um eine solche Karriere voranzutreiben. So werden hierbei universitäre Anschub- und Grundförderungen, wie wissenschaftliche Ausbildungskurse sowie Rotations- und Kooperationsmöglichkeiten mit anderen Forschergruppen im In- und Ausland, zur Verfügung gestellt. Als langfristiges Ziel ist schließlich eine leitende Funktion in einem renommierten Institut für klinisch-experimentelle Chirurgie zu sehen, wie z. B. am Universitätsklinikum Rostock oder des Saarlands.

Ambulante Karriere in der Chirurgie

Mit dem Erwerb des Facharzttitels im stationären Bereich stehen mittelfristig nicht nur Positionen wie Chefarzt* bzw. Oberarzt* im Krankenhaus zur Verfügung. Zwar ist die Perspektive für eine Karriere in der Klinik aufgrund vieler unbesetzter Stellen in Krankenhäusern sehr gut, doch nur wenige möchten dauerhaft Nachtdienste bzw. Rufbereitschaften absolvieren. In der Tat entsteht bei vielen Kollegen* über die Jahre der Weiterbildung der Wunsch nach mehr beruflicher Eigenständigkeit bzw. danach „seine eigene Praxis aufzumachen“. Als echte Alternative besteht die Möglichkeit der chirurgischen Tätigkeit im ambulanten/ niedergelassenen Bereich. Als Optionen im ambulanten Bereich besteht die Möglichkeit der Einzelpraxis, der Praxis- oder Berufsausübungsgemeinschaft oder der angestellten Tätigkeit in einem medizinischen Versorgungszentrum. Darüber hinaus ist das ambulante Operieren nicht mehr ein zartes Pflänzchen aus der Vergangenheit. Vielmehr stellt es heutzutage einen relevanten tendenziell steigenden Anteil der chirurgischen Versorgung dar.

Wahl der Weiterbildungsstätte

Die bisher aufgezeigten Karrieremöglichkeiten haben eine Vielzahl von Weiterbildungsstätten beschrieben. Dabei ist es uns wichtig, zu betonen, dass frühere Aussagen, wie „wenn du einmal von der Uniklinik weg bist, gibt es keinen Weg mehr zurück“ oder „für eine akademische Karriere musst Du immer direkt an der Uniklinik anfangen“, heutzutage nicht mehr gelten. Denn engere Verzahnung der Weiterbildungsstätten sowie die größere Durchlässigkeit unseres Berufsbildes erlaubt heutzutage auch einen leichteren Wechsel. In der Tat hat nicht jeder habilitierte Chirurg* moderner Prägung seine Zeit der Weiterbildung ausschließlich in der Universität verbracht und einige Chirurgen* haben sich vor ihrer Tätigkeit im ambulanten Bereich in der Wissenschaft verdient gemacht.

Wo gibt es aktuell die meisten Chirurg Jobs?

Fazit

Es gibt verschiedene und attraktive Karrierewege in der Chirurgie. Einen Königsweg gibt es auch hier nicht. Keiner muss und sollte sich am Anfang seiner medizinischen Laufbahn auf einen Karriereweg festlegen. Flexibilität und „das Brennen“ für das Fach Chirurgie stellen aber eine Grundvoraussetzung für eine Karriere in der Chirurgie dar. Alles andere kann man lernen!

Dr. Eva Birkmann, MBA

Dr. Eva Birkmann, MBA

Dr. Eva Birkmann ist promovierte Naturwissenschaftlerin und Wirtschaftswissenschaftlerin. Als Geschäftsführerin von jobvector ist sie als anerkannte Autorin von Ratgeber-Artikeln zum Thema MINT-Karriere und Fachbeiträgen für Recruiting und Personalwirtschaft tätig.
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